Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

erinnern Sie sich an den 15. Februar 2018? In Deutschland war es ein grauer Wintertag, aber in Pyeongchang strahlte alles golden: das Scheinwerferlicht, die Gesichter von Aljona Savchenko und Bruno Massot, die Medaille für das Eiskunstläuferpaar. Keine fünf Minuten dauerte ihre Kür, aber sie haben gereicht, um die beiden unsterblich zu machen. Noch heute bekomme ich feuchte Augen, wenn ich ihren zauberhaften Tanz auf dem Eis sehe.

Während der Eröffnungsfeier im Pekinger Olympiastadion hissen Soldaten die chinesische Flagge. (Quelle: Ju Huanzong/XinHua/dpa)

Einige Wochen später lernte ich Aljona als ausgesprochen nette, bodenständige Frau kennen, aber in diesen wenigen Minuten in Südkorea war sie eine Fee. Momente, so schön, als wären sie nicht von dieser Welt: Das kann Olympia bieten. Künstlerische Eleganz, körperliche Höchstleistung, fairen Wettbewerb zwischen den besten Sportlern der Welt – all das dürfen wir jetzt auch in Peking erwarten. Das sollte man nicht vergessen, wenn nun viele Leute über das artifizielle Propagandaspektakel der Chinesen lästern. Wenngleich sich in der hermetisch abgeschotteten Olympia-Blase merkwürdige Dinge zutragen. Unser Reporter Alexander Kohne ist mittendrin in dieser Blase und erzählt in unserem heutigen Podcast davon, das sollten Sie hören:

Auch diese Eindrücke spiegeln natürlich nur einen kleinen Ausschnitt Chinas wider. Hierzulande haben ja viele Menschen ein Zerrbild von diesem riesigen Land, das fällt mir immer wieder auf. Wenn sie China hören, denken sie an eine Riege alter Männer, die ihr Volk unterdrücken. Sie denken an Fabriken, in denen massenhaft Turnschuhe und Handys produziert werden. Und vielleicht denken sie auch noch daran, dass die Chinesen den Rest der Welt überflügeln wollen.

Gibt es alles, stimmt alles. Sind aber nur einige von unzähligen Facetten Chinas. Mit Superlativen soll man sparsam sein, aber hier erlaube ich mir mal einen: China ist gegenwärtig nicht nur das dynamischste, sondern auch das interessanteste Land der Welt. Dort gibt es eigentlich nichts, was es nicht gibt. Vor allem aber leben dort Menschen, die einen Fleiß an den Tag legen, bei dem sogar wir arbeitsamen Deutschen nicht mithalten können. Menschen, die den Stolz auf ihre jahrtausendealte Kultur mit dem Selbstverständnis verbinden, dass China bald wieder die höchstentwickelte Zivilisation der Erde sein wird. Menschen, die sich nach den harten Corona-Jahren ebenso nach Normalität sehnen wie wir. Und die im Umgang miteinander eine Selbstbeherrschung beweisen, die sich nicht allein mit dem Polizeiregime erklären lässt.

China ist Deutschlands wichtigster Handelspartner, ohne diese Wirtschaftsbeziehung sähen wir ziemlich alt aus. Aber auch der politische und kulturelle Einfluss Chinas wächst. Nicht nur deshalb sollten wir uns intensiver mit diesem Land beschäftigen. Eines der besten Bücher zum Thema haben übrigens Stefan Baron und Guangyan Yin-Baron geschrieben: „Die Chinesen. Psychogramm einer Weltmacht“ heißt es.

Falls Ihnen die Zeit für die Lektüre fehlt: Um die eigenen Vorurteile zu hinterfragen, genügen manchmal ja schon ein paar Bilder. Deshalb möchte ich Ihnen zum Abschluss des heutigen Tagesanbruchs einige Schnappschüsse zeigen. Ich habe sie im September 2019 in Wuhan gemacht, kurz vor Ausbruch der Corona-Pandemie (was ich damals natürlich nicht wusste). Sie zeigen Szenen in einer Metropole, die binnen 15 Jahren von drei auf elf Millionen Einwohner gewachsen ist, 80 Universitäten mit einer Million Studenten und Hunderte Hochhäuser hat.

Wuhan liegt am Zusammenfluss des Jangtsekiang und des Han-Flusses. (Quelle: F. Harms)
Auf einer der Stadtautobahnen in Wuhan. (Quelle: F. Harms)
Auf vielen Straßen herrschte vor Corona Dauerstau. (Quelle: F. Harms)
Die Hochhäuser stehen dicht an dicht. (Quelle: F. Harms)
In einer Fabrik werden Auto-Schiebedächer gefertigt. (Quelle: F. Harms)
Im größten Krankenhaus der Stadt. (Quelle: F. Harms)
Hochzeitsmahl in einem Hotel. (Quelle: F. Harms)

Mit diesen Eindrücken wünsche ich Ihnen ein erkenntnisreiches Wochenende. Falls Sie die ARD-Dokumentation über Olympia in China noch nicht gesehen haben: Sie lohnt sich! 

Herzliche Grüße,

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

(Quelle: https://www.t-online.de/nachrichten/id_91521088/olympia-2022-in-peking-ist-erst-der-anfang-china-wird-uns-ueberfluegeln-.html )