Auf einem öffentlichen Platz in Chengdu, einer geschäftigen Stadt mit über 20 Millionen Einwohnern im Südwesten Chinas, bereitet sich die 24-jährige tibetische Tänzerin Yanggyi auf ihren Auftritt vor, indem sie ihre traditionelle Kleidung und ihren Dutt zurechtrückt. Als die Melodie eines tibetischen Liebesliedes die Nachtluft durchdringt, betritt sie die Tanzfläche und eröffnet eine lebhafte Guozhuang-Tanzparty.
Guozhuang bedeutet „Im Kreis singen und tanzen“ und ist ein traditioneller tibetischer Tanz. In der Freizeit versammeln sich Tibeter aller Altersgruppen oft im Kreis und tanzen anmutig zu rhythmischen Beats. Seit den 1980er-Jahren ist die Stadt Chengdu dank ihres günstigen Klimas und ihrer dynamischen Wirtschaft zu einem bevorzugten Ziel für Menschen geworden, die innerhalb der Provinz und aus den benachbarten Regionen umziehen. Mit dem Einzug in die Stadt brachte eine wachsende Zahl von Tibetern auch den Guozhuang-Tanz und anderes kulturelles Erbe mit in die Stadt. Infolgedessen begann die Kunstform ihren Weg in das Leben vieler Stadtbewohner zu finden.
Im Jahr 2014 zog die damals 15-jährige Yanggyi vom Kreis Jinchuan in der Autonomen Präfektur Aba der Tibeter und Qiang nach Chengdu. Nach ihrem Studium wurde sie Kindergärtnerin. In den neun Jahren ihres Lebens in Chengdu hat sie sich von einem Teenager in der tibetischen Gemeinschaft zu einer jungen Erwachsenen entwickelt, die in der Stadt Karriere macht, wobei Guozhuang die ständige Verbindung zu ihrer Heimat ist. Obwohl sie keine professionelle Tanzausbildung hat, betrachtet Yanggyi Guozhuang als festen Bestandteil ihrer kulturellen Identität. Sie sagt: „Meiner Meinung nach ist der Tanz die Mutter aller Sprachen, da er so viele Emotionen ausdrücken kann.“
Im Jahr 2021 gründete Yanggyi zusammen mit Gleichgesinnten eine Guozhuang-Tanzgruppe. Die Gruppe, die mit nur sieben Mitgliedern begann, gewann durch Mundpropaganda und die Macht des Internets an Popularität und zog eine große Zahl von Tanzbegeisterten an. Heute ist sie eine der beliebtesten Guozhuang-Tanzgruppen in Chengdu und hat 420.000 Follower in den sozialen Medien. Die Menschen reisen aus Beijing und Shanghai und sogar aus dem Ausland an, um ihre Auftritte zu sehen.
Bei jeder Tanzaufführung tragen Yanggyi und ihre Mittänzer Hadas, traditionelle tibetische Seidentücher, die Reinheit und Glück symbolisieren und die Tanzfläche wird vom Publikum mit Blumen überhäuft. „Unser Ziel ist es, Freude und Entspannung zu bringen und gleichzeitig anderen den Charme unserer tibetischen Kultur zu vermitteln“, so Yanggyi.
Im heutigen Chengdu entwickelt sich Guozhuang zu einem neuen kulturellen Phänomen, das in den sozialen Medien hohe Wellen schlägt. Liu Rongping, eine 60-jährige Einwohnerin, ist ein leidenschaftlicher Guozhuang-Fan. Sie hat drei Tanzkurse besucht und besitzt sechs traditionelle tibetische Gewänder. Sie sagt: „Guozhuang zu tanzen und auf Mah-Jongg zu verzichten, ist mein Glücksrezept.“
Mit Blick auf die Zukunft wünscht sich Yanggyi, dass ihre Gruppenmitglieder ihre Liebe zum Guozhuang beibehalten. „Ich hoffe, dass ich das Team auf größere Bühnen bringen kann, damit mehr Menschen es schätzen und genießen können.“
(Quelle: CRI Deutsch)