Offiziell bin ich nur ein TCM-Lehrer

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Auf dem Weg zum TCM (Traditionelle Chinesische Medizin) Krankenhausreport in Bayern, Deutschland, traf LHCH in Frankfurt einen talentierten chinesischen Arzt. Er wollte aufgrund seiner Situation anonym bleiben, da er sich zwar an die Gesetze hält, aber leider inoffiziell tätig ist. Wie in vielen Ländern Europas. Warum? Hier soll eine heikle Frage angesprochen werden, die Widersprüche bei der Anerkennung dieser traditionellen Medizin offenbart, die hierzulande dennoch bei vielen Menschen gezeigt hat, wie wirksam sie ist.

Aus Diskretionsgründen wollen wir ihn Doktor Zhang nennen.

LHCH: Welche Ausbildung haben Sie in China absolviert, um offiziell TCM-Arzt zu werden?

Doktor Zhang (D.Z.): Meine Familie praktiziert die TCM seit vielen Generationen. Ich selbst habe eine 5-jährige Ausbildung an der Hunan-Universität durchlaufen. Dazu gehörte, wie es üblich ist, ein ganzes Jahr als Arzt im Praktikum an meiner Uniklinik. Dann habe ich mehrere Jahre in Krankenhäusern in der Provinz Guangdong gearbeitet.

LHCH: Wie sind Sie dazu gekommen, Arzt für TCM in Deutschland zu werden? Ist das für einen Auslandschinesen schwierig?

D.Z.: Ich bin seit 1990 hier. In Deutschland und in vielen weiteren europäischen Ländern erkennt der Staat keine Gleichwertigkeit von chinesischen und hiesigen Hochschulen an. In der Schweiz wird bei der Anerkennung chinesischer Diplome die chinesische Botschaft kontaktiert. Aber in vielen Ländern Europas werden wir nicht anerkannt. Wir müssen ein Zusatzstudium absolvieren, um ein westlicher Arzt zu werden! Oder in einem deutschen Krankenhaus als Arzthelfer arbeiten. Das habe ich gemacht. Wenn wir eine Praxis eröffnen, ist es offiziell nur ein Tui Na Massagesalon mit Schönheitsbehandlungen und ein wenig Akupunktur. Zumindest in Hessen wird TCM inoffiziell praktiziert.

LHCH: Die Menschen, die zu Ihnen kommen, haben also keinen Anspruch auf eine Erstattung durch die Krankenkasse?

D.Z.: Nein. Auch dazu gibt es in Deutschland keine einheitliche Regelung. Hier wird nichts erstattet. Außerdem dürfen wir bei COVID nicht behandeln.

LHCH: Finden Sie das ungerecht?

D.Z.: Natürlich. Denn viele deutsche Ärzte fragen nach Kursen, weil sie die TCM lernen wollen. Sie wissen sie sehr zu schätzen. Dieses Phänomen gibt es schon seit 1950! Dort, in den Kursen, sind sie allerdings freundlich und aufgeschlossen. Das weiß ich, weil ich selber solche TCM-Kurse geleitet habe. Außerdem bin ich offiziell nur ein Lehrer. Und anschließend dürfen sie offiziell diese chinesische Medizin praktizieren! Verstehen Sie? Manche haben nur eine wenige Wochen dauernde Ausbildung hinter sich, und nun dürfen sie offiziell freier praktizieren als echte chinesische Ärzte.

LHCH: Haben Sie mehr deutsche oder mehr chinesische Klienten?

D.Z.: Deutsche. Das ist paradox, also angesichts meiner Situation und der fehlenden Anerkennung durch die Behörden. Aber wir müssen auch zugeben, dass die Deutschen die TCM zunächst erst einmal ausprobieren. Man muss gut sein, damit sie wiederkommen.

LHCH: Viele chinesische Ärzte verdienen ihren Lebensunterhalt damit, dass sie europäische Ärzte unterrichten, stattt ihre eigene Medizin zu praktizieren?

D.Z.: Ja… Aber wenn man das sagt, kommt es nicht so gut an. Ich möchte also nicht für Unruhe sorgen, sondern anerkannt werden.

LHCH: Mutig. Ein großes Dankeschön. Eines Tages wird sich Ihr Status zweifellos ändern. Die Behörden in Ihrem Bundesland haben vermutlich Angst vor dem, was sie noch nicht so gut kennen.