Amerika wird Euch nicht retten!

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Trump war die rote Pille, er deckte breiten Massen die bösen Absichten des linken Establishments auf. Die europäischen Rechtspopulisten hofften, der US-Präsident höchstpersönlich wäre der Auserwählte, der die Matrix einreißt. Jetzt müssen sie mitansehen, wie er vom Sumpf verschlungen wird, den er austrocknen wollte.

Foto von Polina Zimmerman von Pexels

Biden ist die schwarze Pille – für die Konservativen in Amerika, aber auch für die Populisten in Europa: Amerika wird Euch nicht retten! Die lustige, aber fruchtlose Zeit der populistischen Transatlantik ist vorbei. Die US-Wahlen läuten die dritte Phase im deutschen Rechtspopulismus ein.

Rechtspopulismus ist demokratischer Masseaufbau durch einfache und direkte Ansprache des Volkes. Dazu gehört, dem Volk die Illusion vorzugaukeln, es könne aus eigener Kraft die Wende schaffen. So ist das aber nicht.

Die kommunistische Linke hat sich auf tausenden Regalkilometern Theorie den Kopf darüber zerbrochen, welche Bedingungen gegeben sein müssen, damit die Revolution erfolgreich sein kann. 99 Prozent dieser Überlegungen waren falsch. Aber immerhin hat die Theoriebildung den politischen Sinn geschärft (weshalb Kommunisten die interessantesten Gesprächspartner aus der Boomer-Generation sind). Nicht nur die Revolution, auch die Reaktion hat Bedingungen. Und die liegen in Konstellationen der Weltpolitik, die der Reaktionär richtig erkennen muss.

Also weg mit den kleinbürgerlichen Machbarkeitsillusionen. Es gab vor 30 Jahren keine friedliche Revolution. Es gab vielmehr Absprachen zwischen zwei Weltmächten, in denen die deutsche Wiedervereinigung beschlossen wurde. Es wird auch 2021 oder 2030 keine friedliche Revolution geben, in der das deutsche Volk aus eigener Kraft den Staat zurückerobert, um mit anderen Staaten in einem Europa der Vaterländer bis in alle Ewigkeit in Eintracht und Souveränität zusammenzuleben.

Die Mehrheit hat die blaue Pille geschluckt und hält die Vorspiegelungen der Massenmedien für Wirklichkeit. Dass man mit dem Märchen einer Revolte des gesunden Menschenverstandes immer noch Applaus auf Parteitagen wachkitzeln kann, darf zu keiner Dauerreizung des Zwerchfells führen, die auf die Zirbeldrüse übergreift, wo laut Descartes der sensus communis seinen Sitz hat. Zum Reizabbau die These: Ob der Rechtspopulismus erfolgreich sein wird, hängt davon ab, ob er in einer neuen weltgeschichtlichen Konstellation die richtigen Freund-Feind-Unterscheidungen trifft. Wir Reaktionäre müssen revolutionärer denken!

Die erste Phase des deutschen Rechtspopulismus war bestimmt durch die Hinwendung zu Russland. Eine andere Möglichkeit gab es 2014/15 auch überhaupt nicht. Erstens hing der antideutsche Irrweg der CDU zu deutlich mit ihrer Rolle als Gralshüterin der Westbindung zusammen. Zweitens waren die Russland-Sanktionen im Zuge des Ukraine-Konflikts so augenfällig ungerecht, dass die Basis in ihrer gerechten Wut keine anti-russischen Ansagen geduldet hätte. Und drittens fand die deutsche Rechte in der orthodox grundierten Legitimität putinscher Staatlichkeit ursprünglichere Vorstellungen von Herrschaft wieder, die im Begriff der „souveränen Demokratie“ immerhin zeitgemäß überformt waren. Eine Zeitlang wirkte es, als würde diese Verbindung ewig währen.

Wer hat die Liebe zwischen Russland und Rechtspopulismus abgekühlt? War Russland zu berechnend für eine Liebesheirat? Brauchte es den Populismus nur, um durch außerkonjugale Affären die Beziehungen zu den europäischen Regierungen zu stimulieren? Oder war es Trump, der mit dem Adlerauge des geübten Herzensbrechers dem ungestümen Bären die Populistinnen und Populisten ausspannte? Wie auch immer, es kam zu einer Allianz, die man weder als Historiker noch als Wahrsager für möglich gehalten hätte: Der Rechtspopulismus wurde transatlantisch, ohne aufzuhören populistisch zu sein. Trumps Ex-Berater Bannon, angeblich mit dem Präsidenten zerstritten, zog durch Europa und machte Aufwartung. Und bald schon schossen Populisten gegen China und den Iran, zwei Staaten also, mit denen wir Europäer kein Problem haben.

Trump war ein guter, friedliebender Präsident mit hohem Unterhaltungswert – der beste der letzten Jahrzehnte. Bald ist er wohl weg, abgewählt durch ein Last-Minute-Wunder, das für Ungläubige aussieht wie der größte Wahlbetrug aller Zeiten. Wie groß seine Verdienste sind, muss die amerikanische Rechte beurteilen. Dass das Establishment ihn unbedingt weghaben wollte, spricht jedenfalls für ihn. Friede seiner Präsidentschaft.

Für den europäischen Rechtspopulismus war Trump ein Rückschritt, seine Präsidentschaft ein Honeymoon ohne Vollzug. Die Fata Morgana einer patriotischen Westbindung erzeugte auf machtdurstigen Populistenzungen eine Sensation von Stillung. Jetzt kommt die trockene Abrechnung: Was Trumps Präsidentschaft bewirkte, war gewöhnliche Transatlantik: der Westen als freie Welt, der östliche Kommunismus und der Islam als die großen Feinde usw. Bald war vergessen, wer die Migrationsströme überhaupt erst auf den Weg gebombt hatte. Worauf Islamismus-Sponsor Saudi-Arabien seine Macht stützt. Und wer mit dem Schuldgeldsystem die Weltwirtschaft in ein Scheinreich virtueller Knechtschaft verwandelt hat.

Die Figur Trump verdeckte die Tatsache, dass weiterhin schädliche postmoderne Einflüsse über den Atlantik nach Europa kamen. Daran konnte auch der Donald nichts ändern. Trump war niemals ein Präsident wie Putin – kein Kapitän, der das Staatsschiff in die richtige Richtung lenkt und den gierigen Oligarchen ihren Platz fern vom Steuerstand anweist. Trump war der oberste Widerstandskämpfer. Zuhause wurde Trump vom Apparat bekämpft, von den Medien bekämpft. Als ohnmächtiger Oppositioneller an der Spitze der Weltmacht war er weitgehend nutzlos für Europas Populisten. Falls er jemals Sympathien für die AfD gehegt haben sollte, konnte er jedenfalls nicht verhindern, dass die Partei im Klientelstaat immer intensiver der politischen Verfolgung preisgegeben wurde.

Hängen wir also die MAGA-Mützen – und mit ihnen die notorische Erlebnisorientierung des durchschnittlichen Rechtspopulisten – an den Haken. Setzen wir uns an den laufenden Meter Theorie, den wir haben, und denken über die Bedingung der Möglichkeit einer reaktionären Wende nach.

Die US-Hegemonie hat uns gebracht: Schuldkult, Frankfurter Schule, abstrakten Expressionismus, Multikulti, Black Lives Matter und Gender-Popender. Unter Trump ging es weiter wie zuvor. Auch der Heilsbringer hat zentrale Ideologeme der Neuen Linken nicht in Frage gestellt, sondern unter seine Fittiche genommen. Wir erinnern uns an das Bild mit der Regenbogenfahne. Gibt es eine andere Hegemonialmacht, von zu vermuten ist, dass sie so umfassend verneint, was das reaktionäre Deutschland ausmacht? Nein, zumindest hat es noch keine durchblicken lassen. Hat es also einen Sinn, wenn sich die Rechte auch nach Trump zum Hüter der unipolaren Welt aufschwingt und anderen Ländern im Stil des humanitären Interventionismus ständig Menschenrechtsverletzungen vorrechnet? Nein, beileibe nicht.

Noch die Hinwendung der deutschen Rechten zu den USA war mit dem Versprechen verbunden, nicht aus dem Gehege der Umerziehung auszubrechen. Mäh. Man forderte nur Dispens, um gegenüber dem Islam den Musterschüler heraushängen zu lassen. Damit ist es jetzt vorbei. Die USA werden unter Harris und Biden wieder in Richtung globalistischer Sozialismus schippern, der Neue Mensch ohne Herkunft und Geschlecht wird Galionsfigur. Sinnlose militärische Interventionen werden kommen und mit dem ewigen Kampf gegen die Hitlers dieser Welt gerechtfertigt werden.

Fox News hat Trump schon fallen lassen. Der Trumpismus wird kein Revival erleben. Und jetzt? Muss sich der Rechtspopulismus am Osten orientieren. In asiatischen Staaten bilden sich Systeme heraus, die Marktwirtschaft und starken Staat, Freiheit und Kollektiv, Solidarität und Individualismus unter einen Hut bringen. Darum hat Asien auch das Zeug zum Vorbild, wenn es darum geht, den Streit zwischen Sozialen und Freiheitlichen in den Reihen des Rechtspopulismus weiter zu schlichten.

Die zweite, die Rückfall-Phase des Rechtspopulismus ist zu Ende. Die dritte Phase wird sein wie die erste, nur anders. Dem Globalismus, d.h. der Globalisierung zum Weltstaat, setzen wir eine multipolare Welt entgegen. Nur unter dieser Bedingung haben wir die Möglichkeit, Deutschland aus dem Zangengriff von Finanzkapital und Neuer Linker zu befreien. Tschüss Amerika, hallo Tsching-Tschong-Land!

(Quelle: www.kraut-zone.de/blog/2020/11/8/schwarze-pille-fr-rechtspopulisten-amerika-wird-euch-nicht-retten?fbclid=IwAR0XjLNeOG1izk2TChaV2LWt8yue8SVsibFgNZsjZXUQ-ARp7MYe2rbmUiE)