Wieder kommt die absurde Idee eines Olympia-Boykotts auf. Viele der Enttäuschten, die ihn 1980 und 1984 erlebten, tragen das Trauma noch mit sich herum. Dabei macht ein Boykott die Welt nicht besser.
Gern würden wir der amerikanischen Politik mal eine Frage stellen: Ist Ihnen allen in 41 Jahren mit Blick auf Olympische Spiele nicht mehr eingefallen, als alte Handlungsmuster wiederzubeleben, die sich längst als untauglich erwiesen haben?
So lange ist es jetzt her, dass die meisten westlichen Länder sich der absurden Idee amerikanischer Politiker anschlossen, sie müssten die damalige Sowjetunion für ihren Einmarsch in Afghanistan damit bestrafen, dass sie ihren eigenen Athleten eines der Highlights ihres Lebens stahlen: die Teilnahme an den Sommerspielen 1980 in Moskau.
Im Gegenzug bestrafte dann fast der ganze Ostblock unter Führung der Sowjetunion seine eigenen Sportler für das Verhalten der Amerikaner und stahl ihnen die Teilnahme an den Sommerspielen 1984 in Los Angeles.
Viele der Enttäuschten tragen das Boykott-Trauma heute noch mit sich herum. Jetzt raunt Washington, man könnte die Sportler des Westens doch diesmal für Chinas Menschenrechts-Bilanz büßen lassen, indem man sie nicht zu den Winterspielen 2022 nach Peking lässt. Dabei müsste jedem einleuchten, dass man so die Welt nicht besser machen kann.
Autorin: Evi Simeoni, wurde am 29. März 1958 in Stuttgart geboren. Dort hat sie 1977 am Evangelischen Heidehof-Gymnasium Abitur gemacht und danach Germanistik und Politikwissenschaften studiert. Nach einem Volontariat bei der „Stuttgarter Zeitung“ wurde sie dort Redakteurin im Ressort Beilagen/Wissenschaft und Technik. Seit dem 1. Oktober 1981 ist sie Sportredakteurin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, seit 2011, nach fünf Jahren als stellvertretende Ressortleiterin, in der Rolle der Reporterin.
(Quelle: Dumme Pläne aus Amerika – FAZ)