Erstmals nehmen europäische Astronauten an einem chinesischen Raumfahrttraining teil. Sie wollen zu Chinas geplanter Raumstation Tiangong, zu Deutsch „Himmelspalast“, reisen. Mit dabei: der deutsche ESA-Astronaut Matthias Maurer.

Mit den Amerikanern und den Russen waren europäische Astronauten schon oft im Weltraum – an Bord von Space Shuttles, der russischen Raumstation Mir oder der Internationalen Raumstation ISS. Nun bereiten sich europäische Astronauten darauf vor, auch mit ihren chinesischen Kollegen gemeinsam zur geplanten Raumstation Tiangong zu reisen.

Damit die Europäer bei diesem Unterfangen dabei sind, müssen sie jetzt einsteigen, wie Rüdiger Seine, der Leiter der Trainingsabteilung beim europäischen Astronautenzentrum (EAC) in Köln meint.

„Bis 2022 wird die komplette Station aufgebaut sein, das heißt in circa vier, fünf Jahren wird die Station fertig sein. Wenn wir heute anfangen wollen, einen Astronauten vorzubereiten, der dann 2023 zu dieser chinesischen Station fliegt, dann ist der optimale Zeitpunkt jetzt, mit dieser Kooperation anzufangen.“

Rüdiger Seine, der Leiter der Trainingsabteilung beim europäischen Astronautenzentrum (EAC) in Köln

Astronauten-Training im chinesischen Meer

Im August 2017 haben europäische Astronauten erstmals an einem Training der Taikonauten in China teilgenommen. Mit dabei: der Deutsche Matthias Maurer. Bei der Übung wurde simuliert, wie drei Raumfahrer auf ihrem Weg zurück aus dem All auf hoher See im Gelben Meer, in der Nähe der Stadt Yantai in Ost-China mit ihrer Kapsel im Wasser landen.

Raumfahrt-Training im Chinesischen Meer für ESA-Astronaut Matthias Maurer und die italienische Kollegin Samantha Cristoforetti.

Die Kapsel wurde mit den drei Astronauten an Bord im Wasser abgesetzt. Dann mussten sich die Astronauten in der Kapsel umziehen: Raus aus dem Druckanzug, der bei der Rückkehr aus dem Weltraum getragen wird, rein in einen Überlebensanzug, so Maurer.

„Dann steigt man aus der Kapsel aus, springt ins Wasser, bläst vorher noch die Rettungsboote auf. Die Rettungsboote hat man übrigens bei der russischen Kapsel nicht dabei, aus Platzgründen. Deswegen ist es deutlich luxuriöser bei den Chinesen. Und dann klettert man in die Rettungsboote.“

Matthias Maurer, ESA-Astronaut

2016 hatte schon ein Taikonaut am Höhlentraining der ESA auf Sardinien teilgenommen. Damals war das Ziel, Erfahrungen unter extremen Umweltbedingungen zu sammeln. Dieses Mal ging es um den Fall, dass die Raumkapsel nicht auf Land aufsetzen kann. Nach drei bis vier Stunden war die Übung zu Ende. Dann wurden die drei Astronauten von einem Rettungsschiff wieder aus dem Meer gefischt.

Für die ESA-Astronauten bedeutet die Kooperation mit den Chinesen eine weitere mögliche Mitfluggelegenheit. Das kann dann richtig wichtig werden, wenn die ISS tatsächlich ihren Dienst 2024 einstellen sollte. Für die Chinesen bedeute die Beteiligung der Europäer, dass ihre Raumfahrtambitionen ernst genommen werden und ihre Mission als erfolgsversprechend gilt, so EAC-Trainingschef Rüdiger Seine. Astronaut Maurer ist zudem der Meinung, dass die Chinesen auch von der Erfahrung der ESA-Einsätze profitieren, schließlich hätten europäische Astronauten seit über zehn Jahren auf der ISS über 2.000 Manntage Erfahrung gesammelt. China habe dagegen etwas mehr als hundert.

„Sie sehen schon, dass Europa daher sehr viel an Erfahrung mit einbringen kann, wie man effizient auf einer solchen Raumstation arbeiten kann. Und das wird den Chinesen natürlich sehr viel bringen, uns da mit an Bord zu nehmen.“

Matthias Maurer, ESA-Astronaut

(Quelle: www.br.de/wissen/chinesische-raumstation-tiangong-himmelspalast-matthias-maurer-100.html)