Chinas Handelsministerium und sein Wissenschaftsministerium haben am vergangenen Freitag zum ersten Mal seit 12 Jahren die Bestimmungen für Technologieexporte erneuert. In diesem Katalog werden Verbote oder Einschränkungen für den Export chinesischer Technologien aufgelistet.

Das Ministerium begründet seinen Schritt damit, dass so die öffentliche Unterstützung für den technischen Fortschritt und für wirtschaftliche und technologische Zusammenarbeit mit anderen Staaten besser geregelt seien. Nunmehr untersteht die Ausfuhr von 23 neuen Technologien der Regulierung der staatlichen chinesischen Behörden. Dies betrifft beispielsweise auch den IT- Sektor, der Dienstleistungen auf der Basis der Analyse personalisierter Daten durch künstliche Intelligenz anbietet. Das betrifft beispielsweise Smartphone-Apps, die durch Beobachtung des Nutzerverhaltens persönlich zugeschnittene Inhalte anbieten.

Was die meisten Beobachter daran brisant finden ist, dass ein derzeit im US-Chinesischen Technologiestreit besonders in der Öffentlichkeit stehendes Unternehmen davon durchaus betroffen wäre, nämlich der chinesische IT-Konzern Bytedance und seine Kurzvideo-App Tiktok. Das Unternehmen wird seit dem 14. August durch eine Verfügung des US-Präsidenten dazu genötigt, den amerikanischen Ableger seiner beliebten Smartphone-App innerhalb von 90 Tagen zu verkaufen.

Die Trump-Administration erklärte Anfang August ohne jegliche Beweisführung, hinter dem verwendeten Algorithmus verstecke sich der verlängerte Arm der Kommunistischen Partei Chinas. Amerikas nationale Sicherheit sei bedroht, da die Chinesische Regierung die App zur Datenspionage nutze, lautet der Vorwurf aus dem Weißen Haus. Das sagt ausgerechnet das Land, von dem der wohl größte Massenüberwachungs-Skandal der Geschichte ausging, und dessen Verantwortliche selbst vor Kongressausschüssen unter Eid nachweislich die Unwahrheit gesagt haben.

Sollte es zu einem erzwungenen Verkauf von Tiktok an die derzeitigen Übernahmeinteressenten Oracle, Microsoft und Walmart kommen, müsste Bytedance die Übernahme seiner Technologie wohl beim Ministerium in Peking beantragen. Dies erklärte jedenfalls Professor Cui Fan von der University of International Business ans Economics in Peking. Damit passten sich die neuen Bestimmungen lediglich der Realität an, dass chinesische Unternehmen immer mehr in die internationale Spitze vorrücken und gerade im KI-Sektor (Künstliche Intelligenz) bereits zur weltweiten Führung gezählt werden.

Insofern stellt die Novellierung der Exportregeln nicht einfach nur ein Retourkutsche für die von der amerikanischen Regierung eingeleiteten Maßnahmen gegenüber Tiktok dar, auch wenn nahezu alle westlichen Medien kommentierten, es handle sich bloß um einen weiteren Eskalationsschritt bei den derzeitigen wirtschaftlichen Auseinandersetzung zwischen Peking und Washington.

Der erneuerte Katalog schützt chinesische Firmen im Ausland vor rechtlichen Unsicherheiten, wenn durch eine Übernahme Spitzentechnologien den Besitzer wechseln. Das betrifft nicht nur Künstliche Intelligenz und personalisierte Inhalte, sondern auch Textanalysen, Sprachmodellierung und Spracherkennung. Wenn in Einzelfällen die Rechte eines chinesischen Unternehmens im Ausland oder die nationale Sicherheit Chinas beeinträchtigt sind, kann ein Technologietransfer verhindert werden.

Die neuen Regeln schützen insofern auch die von Bytedance entwickelten Sourcecodes und Algorithmen. Am 23. August hatte das Unternehmen bereits Klage gegen die US-Regierung eingereicht, da eine Einigung mit der Regierung scheiterte. Bytedance teilte mit, man habe eine gemeinsame Lösung finden wollen, doch die US-Regierung missachte Fakten, übergehe notwendige rechtliche Prozeduren und mische sich in Verhandlungen zwischen privaten Firmen ein. US-Außenminister Mike Pompeo nahm am gestrigen Montag bereits zur neuen Situation Stellung.

Obgleich er nicht wisse, wie sich die Sache weiterentwickeln werde, fügte er in seiner typischen Art, alles durch die Brille eines Kalten Kriegers zu sehen, hinzu, er werde „die Kommunistische Partei Chinas davon abhalten, Informationen […] zu stehlen.“