Als Sebastian Turner Anfang Oktober 2020 seinen Posten als Herausgeber des Berliner Tagesspiegel verließ – im Guten, wie alle Beteiligten beteuerten – werden sich einige gefragt haben, was er als Nächstes vorhat. Turner selbst sprach von einem Startup an der Schnittstelle zwischen Technik und Journalismus. Seit 15. Dezember 2020 sind nun die ersten Ergebnisse der Arbeit von “Table Media” zu sehen, einer Tochter von Turners Unternehmen Trafo MediaTech.
Mit “China Table” ist die frühe Version eines journalistischen Informationsdienstes über China online gegangen. Er soll sich Themen von Finanzen und Handel über Technologie und Wissenschaft widmen, aber auch den Feldern internationale Beziehungen und Gesellschaft. “China Table” hat, so Turner, den Anspruch, Qualitätsjournalismus zu liefern und darin mit Leitmedien zu konkurrieren, richtet sich aber an Experten für die Region und “Entscheider”.
200 Euro soll ein Monatsabo kosten
Dass es sich dabei um Politik und Wirtschaft handeln dürfte, zeigt der Preis eines Monatsabos: Die Normalleserschaft dürfte vor 200 Euro wohl eher zurückschrecken. Der Dienst ist auch wesentlich teurer als landesspezifische Newsletter in englischer Sprache wie “Sinocism” (15 Dollar) und neuere Angebote wie “The Wire China” (19 Dollar). Weitere, so genannte “Professional Briefings” von Table Media zu anderen Themen sollen folgen. Die “Briefings” sollen jeden Morgen um sechs Uhr per E-Mail und auf dem Webportal erhältlich sein.
Turner verfolgt damit eine Strategie zur Finanzierung von Journalismus, die er bereits beim Tagesspiegel neben dem Hauptblatt etabliert hat: In die Tiefe gehende Informationsangebote, die auf eine sehr kleine, aber zahlungskräftige Zielgruppe zugeschnitten sind.
Die acht Redakteure in Peking, Brüssel und Berlin umfassende Redaktion von “China Table” wird von Jahresbeginn an geleitet von Antje Sirleschtov, die zuvor als geschäftsführende Redakteurin und Ressortleiterin die “Tagesspiegel-Background”-Fachinformationen entwickelt hat. Aus China berichten der Filmautor und Journalist Gregor Koppenburg und der frühere China-Korrespondent des Handelsblatts Frank Sieren, der sich in Peking als regierungsfreundlicher Autor einen Namen gemacht hat.
Dass diese Personalie für Aufsehen sorgen könnte, ist Turner bewusst: “China Table soll unabhängigen Journalismus liefern, der so auch im Tagesspiegel Platz hätte”, sagt er. Das Angebot solle sowohl die Menschenrechtslage im Land schildern als über die Wirtschaft berichten: “Wir sehen, dass die Gruppe von Personen, die China in Deutschland darstellt, polarisiert ist. Wir wollen das ganze Spektrum der China-Berichterstattung abbilden.”
(Quelle: www.sueddeutsche.de/medien/china-table-turner-china-journalismus-1.5148700)