China sei zu Recht ein sehr selbstbewusstes Land, sagt Busch und sieht in einer konfrontativen Außenpolitik keine Lösung. Mit Blick auf Deutschland plädiert er für eine stärkere Umverteilung der Kosten der Energiewende.
Siemens-Chef Roland Busch hat angesichts des technologischen Wandels eine „massive“ Umverteilung der Kosten gefordert. „Es kann nicht sein, dass die Energiewende vor allem die Leute mit niedrigem Einkommen belastet“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“. „Da muss die Politik reagieren.“ Busch sagte für dieses Jahrzehnt große technologische Fortschritte voraus. Diese würden aber „sehr, sehr viel Geld kosten“.
Zur Vision des Vorstandsvorsitzenden der Siemens-Dachgesellschaft gehört beispielsweise die vollständige Digitalisierung der Verwaltung. „Wir müssen im Jahr 2030 nicht mehr zu einem Amt gehen, um Ausweise auszustellen, die Verwaltung ist durchdigitalisiert“, sagte er. Der Bahnverkehr werde im Jahr 2030 ein Fünftel mehr Kapazität haben. Trotzdem würden Züge keine Verspätung mehr haben – „weil wir die Digitalisierung vorangetriebenen haben werden und wissen, was in den Zügen passiert, bevor sie kaputtgehen“.
„Wir werden komplett digitale Netze haben“
Dafür sorgen soll die Digitalisierung der Produktion. Die meisten Produkte hätten bald einen sogenannten „digitalen Zwilling“, der sich immer wieder aktualisiert, sodass jeder Fehler fern des Produktes erkannt und korrigiert werden könne. Dadurch sollten selbst Planungsdesaster wie der Hauptstadtflughafen BER der Vergangenheit angehören.
Auch im Kampf gegen den Klimawandel setzt der Siemens-Chef auf technologische Lösungen. Jeder Entwickler werde auf seinem Bildschirm sehen können, welchen CO2-Abdruck sein Modell habe, und einen Vorschlag bekommen, wie er diesen reduzieren könne. „Wir werden komplett digitale Netze haben, die die Speicher im Auto und in den Gebäuden so nutzen, dass immer genug Strom da ist, obwohl wir immer mehr davon verbrauchen.“ Die Kohlekraftwerke würden „weitgehend“ runtergefahren sein.
Konfrontative Außenpolitik keine Lösung
Es werde zudem immer mehr Fabriken geben, in denen kein Licht brenne, weil sie ohne menschliche Arbeiter funktionieren. Auf die Frage, ob die fortschreitende Digitalisierung bei Siemens nicht viele Arbeitsplätze kosten werde, sagte Busch: „Ehrlich gesagt, glaube ich gar nicht, dass wir 2030 weniger Mitarbeiter haben werden als heute.“ Das Problem werde nicht sein, dass Siemens Stellen abbauen müsse, „sondern dass wir in einer alternden Gesellschaft überhaupt noch die Mitarbeiter kriegen, die wir brauchen“.
Mit Blick auf China forderte Busch einen „respektvollen Umgang“. China sei zu Recht ein sehr selbstbewusstes Land. „Es hat in 20 Jahren eine Milliarde Menschen aus der Armut gebracht und einen veritablen Mittelstand etabliert.“ Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) dringt wegen Menschenrechtsverletzungen auf eine härtere Haltung gegenüber dem kommunistischen Regime in Peking. So fordert sie ein EU-Importverbot für Produkte, die mit Zwangsarbeit hergestellt wurden.
Der Siemens-Chef sagte, Baerbock sei mit ihm als Vorsitzendem des Asien-Pazifik-Ausschusses der deutschen Wirtschaft zu diesem Thema bisher nicht im Austausch. Fehler in China „lösen sich nicht durch eine konfrontative Außenpolitik“, sagte Busch. „Wenn Exportverbote erlassen werden, könnten diese dazu führen, dass wir keine Solarzellen aus China mehr kaufen können – dann ist die Energiewende an dieser Stelle zu Ende.“
(Quelle: https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/siemens-chef-fordert-respektvollen-umgang-mit-china-17710233.html)