Wie gehen wir mit der zweiten Welle um?

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  • Interview mit dem Allgemeinmediziner BAO

Wenn man Arzt ist und an seine Mission glaubt, gibt es während des Lockdowns kein Ausruhen. Die Technologien der Social Media ermöglichen einen ständigen Kontakt mit Patienten in Not. Wir stellen uns so viele Fragen. Habe ich eine Erkältung oder eine Grippe oder habe ich wirklich dieses gefährliche Virus? Der belgische Arzt chinesischer Herkunft, Herr Bao Shihou, beschloss, die Herausforderung trotzdem anzunehmen. Er lässt die Menschen, die an ihn glauben, nicht fallen. Trotz Stress und Müdigkeit.

Eine eindrucksvolle Begegnung auf Zoom, gefolgt von einem Mini-Interview mit Dr. Tao, um die möglichen Interaktionen mit der Traditionellen Chinesischen Medizin aufzuzeigen.

LHCH: Herr Dr. Bao, wie sah Ihre akademische und berufliche Reise von China nach Belgien aus?

Bao Shihou: Ich habe in China Chirurgie und westliche Medizin studiert. Aber an der dortigen Universität gab es parallel dazu auch einige Kurse über unseren Schatz, die traditionelle chinesische Medizin. 1983 habe ich diverse Praktika gemacht und an einem Krankenhaus in Shanghai gearbeitet. 1986 bin ich nach Belgien gezogen, um an der Universitätsklinik von Antwerpen meine Kenntnisse zu vertiefen. Zwei Jahre später habe ich in Chirurgie promoviert. Angesichts der Ereignisse und der Atmosphäre in China entschied ich mich 1991, in Belgien zu bleiben, zumal mir mein Doktorvater angeboten hatte, mein Studium der Allgemeinmedizin dank eines PhD fortzusetzen, den ich 1995 an der ULB abgeschlossen hatte. Seit fast 25 Jahren bin ich nun schon in Antwerpen in meiner allgemeinmedizinischen Praxis tätig.

LHCH: Wie kommen Sie als Arzt mit der zweiten Covid-Welle zurecht?

Bao Shihou: Sie ist schlimmer als die erste! Wir kennen Covid besser als im März, als alles zu neu war, die Symptome, die möglichen Behandlungen dieser Symptome usw., aber gleichzeitig ist die zweite Welle aggressiver. Diese Krankheit ist gefährlich und die Sterblichkeit ist erhöht. Darüber hinaus verstärkt die gegenwärtige psychologische Panik den schlechten Zustand der Menschen. Die schlechte Stimmung beeinträchtigt die Gesundheit. Es gibt einen psychosomatischen Einfluss! Ich muss auch psychologische Unterstützung leisten.

LHCH: Haben Sie überwiegend chinesische oder überwiegend belgische Patienten?

Bao Shihou: Ich habe viele chinesische Patienten, weil meine Arbeit von unserer Community anerkannt wird und die Botschaft mich unterstützt. Ich habe eine große Verantwortung. Aber ich habe auch belgische Patienten und Patienten aus anderen europäischen Ländern. Mit den Chinesen kommuniziere ich hauptsächlich über WECHAT. Ich kann über dieses soziale Medium sogar elektronische Rezepte verschicken. Von Antwerpen über Wallonien nach Frankreich.

LHCH: Welche konkreten Mittel setzen Sie ein, um Ihren Patienten zu helfen?

Bao Shihou: Es gibt täglich bereits 30 bis 70 Personen, die getestet werden. Von meinen Patienten sind heute 80 infiziert. Aber als Allgemeinmediziner muss ich mich an die Entscheidungen der Regierung halten. So kann ich zum Beispiel das bekannte Chloroquin nicht anbieten. Aber per Video sehe ich die Symptome meiner Patientin und verschreibe daraufhin, je nach Gefährlichkeit der Symptome, Paracetamol oder Nahrungsergänzungsmittel zur Unterstützung des Körpers. Wenn ich den Zustand für zu ernst halte, schicke ich die Patienten direkt ins Krankenhaus! Ich gehe kein Risiko ein.

LHCH: Welche legalen Substanzen empfehlen Sie dann, um bei einer Covid-Infektion zu unterstützen und sie zu bekämpfen?

Bao Shihou: Vitamin C und D, auch Zink. Prävention und Stärkung der Immunabwehr sind unerlässlich. Da ich über Kenntnisse der traditionellen chinesischen Medizin verfüge, bin ich der Meinung, dass einige Symptome mit Kräutern aus unserer Pharmakopöe behandelt werden könnten, deshalb überweise ich auch Patienten an Doktor Tao. Ich persönlich glaube, dass Ginseng jetzt sehr vorteilhaft ist. Es stärkt die Qi-Energie des Körpers. Aber ich kann das nicht selbst verschreiben, deshalb arbeite ich mit Madame Tao, einer in ganz Belgien anerkannten TCM-Spezialistin, zusammen.

LHCH: Funktioniert es auch?

Bao Shihou: Wenn der Zustand des Patienten nicht zu ernst ist, ja. Es gibt Verbesserungen und die Viruslast nimmt ab, bis hin zur Genesung.

LHCH: Gibt es Krankheiten, die nur die TCM heilen kann?

Bao Shihou: Ich habe Erfahrung mit der Akupunktur. Hier können wir zum Beispiel bei einer Gesichtslähmung nicht viel machen. Da ist die Akupunktur abder hilfreich. In Europa würden wir es mit Kortison versuchen, aber die Nebenwirkungen sind schlimm und es gibt viele Kontraindikationen!

LHCH: Sind Sie also ein westlicher Allgemeinmediziner, aber offen für die TCM?

Bao Shihou: Ich muss mich an die westlichen Protokolle halten. Aber zum Beispiel nutze ich die Akupunktur für die chinesischen Punkte, an denen ich die Injektion westlicher Medikamente vornehme. Wie beispielsweise bei unterschiedlichen B-Vitaminen. In dem Fall habe ich hundertprozentigen Erfolg. Dann kombiniere ich die westliche Medizin mit der Akupunktur.

LHCH: Sie halten die zweite Welle also für sehr schwerwiegend… Haben Sie viel mehr Patienten?

Bao Shihou: Ja! Während der ersten Welle waren nur wenige Chinesen betroffen. Durchfall trat häufig auf. Das ist alles. Heute haben wir zahlreiche Infektionen, weil die Wachsamkeit nachlässt und die Chinesen in engem Kontakt zueinander stehen. Darüber hinaus geht man heute davon aus, dass 85 Prozent der Fälle mit Übertragungen innerhalb der Familie zusammenhängen. Aber wir müssen unterscheiden zwischen den asymptomatisch Infizierten, denen, die bestimmte Symptome haben, ohne gefährlich erkrankt zu sein, und den wirklich Kranken.

LHCH: Haben die belgischen Behörden das Ausmaß des Problems voll erkannt?

Bao Shihou: Als Arzt in China hätte ich weniger Sorgen. Dort bauen sie in 10 Tagen ein Krankenhaus. Alle Infizierten können dort aufgenommen werden, ohne andere zu gefährden. Keine abgebrochenen Quarantänen wie hier. Hier haben wir Managementprobleme und die mangelnde Finanzierung der Krankenhäuser. Außerdem sind die Bürger nicht so diszipliniert.

LHCH: Wie geht es dann weiter?

Bao Shihou: Ich für meinen Teil unterstütze meine Patienten voll und ganz, ich führe eine radikale Nachsorge durch und schicke sie nur dann ins Krankenhaus, wenn es wirklich notwendig ist, um das ohnehin schon überforderte Pflegepersonal nicht noch weiter zu belasten.

LHCH: Was halten Sie von der Vorstellung, dass die Grippeimpfung die Lage für die Schwächsten verschlimmern könnte?

Bao Shihou: Für über 50-Jährige und geschwächte Menschen, die an Diabetes oder einem Nierenproblem leiden, besteht mit der Grippeimpfung kein Risiko. Für Menschen über 85 halte ich sie in der Tat für gefährlich.

LHCH: Und der Impfstoff in China? Die Testphasen sind angeblich noch nicht abgeschlossen, und wir verkaufen den Impfstoff bereits für 50 Euro? Ist das ein Risiko?

Bao Shihou: In China denken wir anders als die Europäer. Hier stoppen wir alles, wenn von 1000 Impfungen nur eine tödlich verläuft. Wenn der Impfstoff in China 999 von 1.000 Menschen retten kann, dann ist es in Ordnung. Deshalb bin ich dafür.

LHCH: Und werden Sie ihn hier in Belgien anwenden?

Bao Shihou: Ja!

LHCH: Kann die TCM Patienten unterstützen, die den Impfstoff erhalten und Angst vor Nebenwirkungen haben?

Bao Shihou: Ja, natürlich. Sie ist komplementär. Während der H1N1-Zeit im Jahr 2010 kam der Impfstoff sehr schnell in die Arztpraxen. Ich habe mich impfen lassen. Einen Tag lang ging es mir sehr schlecht, aber am Ende war es gut. Heute werde ich den Impfstoff gegen Covid 19 anwenden, aber das hindert mich nicht daran, meine Immunabwehr Tag für Tag zu stärken. Ich habe keine Angst, aber ich bin über 63 und arbeite viel. Wir werden lernen müssen, zu kämpfen. In der Zwischenzeit sollten wir die Masken tragen und dafür sorgen, dass die Krankenhäuser nicht überlastet werden. Das Risikomanagement ist äußerst wichtig.