Ninon TANG – TORTENKÜNSTLERIN
LHCH begegnete einer Persönlichkeit, bescheiden und zurückhaltend, aber sehr geschätzt in der chinesischen Community der Hauptstadt Europas, Ninon Tang, Konditorin mit einem großen Herzen. Frau Tang stammt aus der Provinz Hunan und lebt seit 2005 in Belgien.
LHCH: Wie haben Sie die Welt der Patisserie kennengelernt? Sie ist ja ein sehr europäisches Universum.
NINON TANG: In meiner Kindheit in Hunan gab es kein solches Gebäck wie hier. Es gab Sandwich-Brot und weiche Sandwiches. Außer bei den muslimischen Minderheiten gibt es in unserem Land keine wirklichen Traditionen für Brot aus Weizen. Wir haben den „Mantou“, aber das ist gedämpfter Hefeteig. In der Tat gab es kein Ambiente für solche Torten. Erst als ich vor 15 Jahren nach Belgien kam, lernte ich sie zu schätzen. Meine ersten belgischen Freunde luden mich zu sich nach Hause ein und wir aßen mit Wonne das heimische Gebäck. Damals dachte ich, dass das jeder ständig isst!
LHCH: Sie haben sich entschlossen, diese Kunst des Backens hier in Brüssel zu studieren. Wie kam es dazu?
NINON TANG: Ich habe alle Kurse an der CERIA belegt, einer berufs- und technikorientierten Schule . Es war eine persönliche Entscheidung. Aber es war gar nicht einfach, vor allem weil ich auch das entsprechende Vokabular lernen musste. Ich sprach ja erst seit zwei Jahren Französisch! Die anderen Schüler:innen brachten gewisse Grundlagen mit und konnten zum Beispiel schon Plätzchen backen usw. Das kannten sie von zu Hause. Für mich war es ein bisschen wie auf einem anderen Planeten.
LHCH: Wo haben Sie Ihre Praktika gemacht?
NINON TANG: Ich hatte das große Glück, ein Praktikum bei Wittamer zu machen, das ist eine sehr angesagte Konditorei mit Tearoom, im Antiquitäten- und Schokoladenviertel, dem Sablon, im Zentrum von Brüssel. Weniger glamourös habe ich auch in der Bäckerei eines französischen „Carrefour“-Supermarkts Erfahrungen gesammelt.
LHCH: Was ist mit der Arbeit?
NINON TANG: Es ist nicht immer einfach, eine gut bezahlte Festanstellung in diesem Bereich zu finden. Außerdem sind wir oft auf Roboteraufgaben beschränkt. Wir arbeiten mit Tiefkühlprodukten am Fließband … Es ist allgemein schwierig, in diesem Umfeld etwas zu lernen und sich weiterzuentwickeln.
LHCH: Es muss doch auch ein bisschen Luxus und raffinierteres Gebäck geben?
NINON TANG: Ja, natürlich, De Baere, in Woluwe Saint-Lambert, und Wittamer.
LHCH: Was haben Sie während Ihrer Ausbildung am liebsten gebacken?
NINON TANG: Mein Geschmack hat sich oft geändert. Ich habe zum Beispiel nicht gerne mit Schokolade gearbeitet. Heute möchte ich lernen, wie man eine Schokoladentorte backt, die ich mag.
LHCH: Haben Sie als Chinesin andere Vorlieben?
NINON TANG: Die Chinesen mögen es im Allgemeinen nicht zu süß. Andererseits lieben sie das äußere Erscheinungsbild der Torte, die Farben, die Muster und die ausgefallenen Formen! Da ich immer neue Techniken lernen und beherrschen möchte, ging ich nach China, um das Arbeiten mit Fondant zu lernen.
LHCH: Sind die kleinen „Skulpturen“ der europäischen Torten im chinesischen Stil aus Fondant gefertigt?
NINON TANG: Ja, für die komplizierten Formen, die die europäischen Chinesen so lieben, braucht man die Struktur des Modellierfondants. Hier waren die Kurse für diese Technik zu teuer. In Guilin in der Provinz Guangxi konnte ich an einigen sehr interessanten Kursen teilnehmen, denn die Chinesen, die ja sehr geschickt und fröhlich sind, haben jetzt ihre bunten „fangtang“ (Fondant)- Kuchenwettbewerbe. Star dieser Szene ist Tang Wang Zhouyi!
LHCH: Wie sind Sie zu Ihrer Tätigkeit als Konditorin gekommen?
NINON TANG: Das habe ich in meiner wenigen Freizeit geschafft. Ich begann, Kuchen für Freunde zu backen, dann für Freunde von Freunden aus der chinesischen Community in Brüssel.
LHCH: Aber Sie kreieren auch Torten nach europäischem Geschmack?
NINON TANG: Ja, natürlich, und überhaupt sind meine Kuchen alle aus Bio-Zutaten, auch nach speziellen Rezepten für Diabetiker. Für Teeliebhaber mache ich kleine Küchlein, die ganz leicht süß und ganz leicht parfümiert sind, um den subtilen Geschmack des Tees nicht zu beeinträchtigen. Gerade mache ich zum Beispiel Miso-Kuchen.
LHCH: Eine kleine Anekdote zu einem Ihrer ersten „Fans“ in Brüssel?
NINON TANG: Ah, zu meinen Geschichten von den Liebestorten, wie ich sie nenne, zählt auch die von dem Mann, dem ich geholfen habe, seiner geliebten Frau eine Geburtstagstorte zu schenken. Er wollte viel frische Sahne und Früchte, weil seine Frau das gerne mochte. Aber vor allem hat er mir erklärt, dass er sich bei ihr für ihre Treue und vor allem für ihre Geduld und ihren Humor bedanken wollte! Ich habe einen großen Mann gezeichnet, der ein riesiges Herz schickte, auf dem auf Chinesisch „Laopo, xin kule“ stand, „Meine liebe Frau, danke für deinen Mut“ (lacht).
LHCH: Sie sind so gut zu der chinesischen Community in Brüssel. Wir haben gehört, dass es einige Chinesen in Europa gibt, die wie Sie angefangen haben zu helfen und dann schließlich sehr berühmte Experten wurden, so dass sie ihre eigene Marke kreierten! Viel Glück, Ninon Tang!