Wussten Sie, dass auch die Chinesen Europa geholfen haben, den Ersten Weltkrieg zu gewinnen?

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YAN SHU-FENS GEDENKSKULPTUR

In diesem Jahr feiern wir das 45-jährige Bestehen der diplomatischen Beziehungen zwischen Europa und China (1975-2020). Es ist an der Zeit, sich an die unbekannte Geschichte der Chinesen zu erinnern, die von 1916-1920 unter Einsatz ihres Lebens bis zur Erschöpfung arbeiteten, um unsere Soldaten an der Front zu unterstützen. An der Westfront waren anfangs 140.000 dieser „Kulis“ im Einsatz. Mehr als 30.000 sind nie nach China zurückgekehrt. Sehr viele starben beim Bau unserer Brücken, unserer Gräben, unserer Soldatenkrankenhäuser. Eine so starke Unterstützung. Deshalb hat die in Belgien lebende chinesische Bildhauerin Yan Shufen ein zutiefst berührendes Denkmal geschaffen, um daran zu erinnern. Vor kurzem hat sie auch mehrere Meisterwerke zum Thema Frieden geschaffen.

LHCH hatte die Gelegenheit, die bezaubernde Bildhauerin Yan Shufen, die in China geboren ist und seit 1992 in Antwerpen lebt, kennenzulernen.

LHCH: War das belgische Volk an diesem Projekt zur Unterstützung der europäischen Soldaten beteiligt?

Yan Shufen: Nicht direkt. Die Briten verwalteten alle Arbeiten in Frankreich, dem Vereinigten Königreich und Belgien. China hat eigentlich keine Soldaten geschickt. In Anlehnung an das Buch von Sun Zi, „Die Kunst des Krieges“, wandten sie seine Theorie, „6 Personen werden benötigt, um 1 Soldaten zu unterstützen“, an.  Eine große und traditionelle Idee zur Unterstützung der alliierten Kriegsanstrengungen. Aber um welchen Preis? Es wurden auch chinesische Kinder nach Europa geschickt…

LHCH: Die Gedenkskulptur in Poperinge ist sehr schlicht und dabei wunderbar ausdrucksstark.

Yan Shufen: Eine schlichte Darstellung ist ganz und gar nicht einfach. Ich habe mehr als einen Monat damit verbracht, Informationen aus allen Kanälen zu sammeln. Tatsächlich bewahren verschiedene Länder Informationen, Bilder, Tagebücher und so weiter zu den chinesischen Arbeitern während des Ersten Weltkriegs auf. Meine Gedanken wurden langsam von Tag zu Tag klarer. Die traurigen Bilder der chinesischen Arbeiter wurden immer lebendiger… Ich spürte ein Feuer im Herzen brennen. Als ich mit der Skulptur begann, konnte ich in vielen Phasen gar nicht mehr aufhören. Manchmal schlief ich zwei, drei Tage nicht… Bis zum Ende hörte ich mit der Arbeit nicht auf… Diese Statuen: Sie tragen hundert Jahre Erinnerungen und Emotionen in sich. Ich kann nicht zulassen, dass sie irgendwelche Fehler haben. Letztlic habe ich mich dafür entschieden, drei chinesische Arbeiter darzustellen. Nur drei, die symbolisch für die 140.000 stehen. Ich denke immer noch, dass es so aussagekräftiger ist.

LHCH: Bei der Eröffnungszeremonie habe ich die Statue an Ort und Stelle gesehen. Ich war zutiefst berührt.

Yan Shufen: Danke, dies ist eines meiner Lieblingswerke.

LHCH: Sie haben auch eine herausragende Skulptur geschaffen, die auf den Symbolen Hand und Taube basiert und der Öffentlichkeit im Antwerpener Hauptbahnhof zugänglich ist, der als der schönste Bahnhof der Welt bekannt ist.  Yan Shufen: Ja, sie ist auch in Shanghai auf Tournee und kommt dann hierher zurück. Eigentlich ist die Hand ein Symbol für meine Stadt. Sie steht für Liebe, Freiheit und Freundschaft. Das Symbol der Taube steht natürlich für den universellen Glauben an den Frieden. Ich wollte gern beides miteinander verbinden.

„China hat mir die akademische Technik gegeben, Europa die Phantasie.“

LHCH: Können Sie uns bitte von Ihrem Werdegang als Bildhauerin erzählen? 

Yan Shufen: Zuerst habe ich in Luoyang, China, Keramikdesign (wie z. B. Teegeschirr), Zeichnen und Bildhauerei studiert. Von 1981 bis 1992 war ich Lehrerin für chinesische Bildhauerei und Zeichnen und ging dann nach Peking an die China Central Academy of Art and Design. Anfang der achtziger Jahre erhielt ich einen nationalen Preis für die beste Skulptur der Annual Movie Awards. 1985 wurde meine Skulptur „Schmetterlinge“ auf von der chinesischen Regierung organisierten ausländischen Ausstellungen in Luoyang ausgestellt. Danach schuf ich ein riesiges „Basrelief“, 29 Meter x 5 Meter, in der Stadt Tianjin.  Meine Skulptur „Spielende Kinder“ wurde 1987 im Qin Huangdao Park in der Provinz Hebei ausgestellt. Kürzlich habe ich, ebenfalls in China, in Weihai, Shangdong, eine Skulptur über überseeische chinesische Kulis geschaffen.  Denn mehr als 70 % der chinesischen Arbeiter kamen aus der Provinz Shandong.

LHCH: In der gleichen Art wie das Meisterwerk in Belgien? 

Yan Shufen: Ja, aber mit einer anderen Art von Ausdruck.

LHCH: Haben Sie als in Flandern bekannte Künstlerin etwas Besonderes für die COVID-Ära geschaffen?

Yan Shufen: Gemeinsam mit der lokalen Regierung haben wir das Projekt „5.000 Statuen zur Unterstützung der Antwerpener Unternehmer“ ins Leben gerufen. Meine „Hand des Friedens“ wurde aus hochwertigem Porzellan in klein gefertigt. Der Verkaufserlös wird zur Finanzierung einer Plattform beitragen, die Antwerpener Unternehmer fördert. Später wird es auch eine Website und einen Spaziergang durch die Antwerpener Geschäfte geben.

LHCH: Welche Art von Künstler mögen Sie in Belgien? 

Yan Shufen: Jan Fabre, zum Beispiel. China hat mir viele akademische Techniken im Zeichnen, in der Bildhauerei, in der Malerei beigebracht, aber Europa hat mich dazu gebracht, meine Vorstellungskraft zu entwickeln.

LHCH: Reisen Sie manchmal nach China?

Yan Shufen: Sicher, ich kehre jedes Jahr nach Luoyang zurück. China verändert sich rasch, es ist unglaublich.

LHCH: Sie sind seit 1992 offiziell Belgierin. Und im Herzen?

Yan Shufen: Sowohl in China als auch hier. Unterschiedliche Mentalitäten, aber jede hat ihre Vorzüge.

LHCH: Was sind Ihre aktuellen Projekte?

Yan Shufen: Verbreitung einer Botschaft für den Frieden durch die Aufstellung weiterer Skulpturen der „Hand des Friedens“ in den Hauptstädten Europas.