Seit dem diesjährigen Nationalen Volkskongress in Peking haben sich die Diskussionen über die Außenbeziehungen und die Außenpolitik Chinas sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene intensiviert. Lu Shaye, Mitglied des Nationalkomitees des chinesischen Volkskongresses und chinesischer Botschafter in Frankreich, betonte in einem Exklusivinterview mit einem ausländischen Medium auf Chinesisch, dass der „chinesisch-französische Geist“ als Modell für Chinas Beziehungen zu anderen westlichen Ländern dienen könne. Auf der Grundlage des Prinzips der Gleichheit strebe China Partnerschaften und Freundschaften mit den europäischen Nationen an, anstatt sich als Rivale zu positionieren.

Um die Beziehungen zwischen China und Europa zu veranschaulichen, zitierte Lu Shaye eine Äußerung des chinesischen Außenministers Wang Yi während einer Diskussion über Chinas Außenpolitik und Außenbeziehungen: „Der vielschichtige Ansatz der Europäischen Union gegenüber China kann mit dem gleichzeitigen Aufleuchten roter, grüner und gelber Lichter an einer Ampel verglichen werden.“ Dies sei eine treffende und anschauliche Analogie, so Botschafter Lu.

Wie ein Auto, das durch eine solche Ampelkreuzung navigieren müsse, könne das gleichzeitige Aufleuchten roter, gelber und grüner Lichter zweifellos zu unnötigen Missverständnissen und Störungen auch in den Beziehungen zwischen China und der EU sowie zwischen China und Frankreich führen.

Lu Shaye unterstrich zudem, dass echte Freundschaft und Partnerschaft nicht bedeute, die Interessen des anderen zu untergraben oder den anderen als Rivalen zu betrachten, den man ständig im Blick behalten und gegen den man eine Strategie entwickeln müsse.

Botschafter Lu würdigte die unterschiedlichen kulturellen Perspektiven des Westens und Chinas und drückte die Hoffnung Chinas aus, die Befürchtungen Europas durch einen offenen Dialog zu zerstreuen. Er betonte Chinas Wunsch, Partnerschaften und Freundschaften mit den europäischen Nationen zu pflegen, und verwies auf das Fehlen grundlegender Interessenkonflikte und die geografische Entfernung zwischen China und Europa, die militärischen und strategischen Sicherheitsbedenken entgegenwirkten.

Lu Shaye räumte zwar ein, dass Wettbewerb auf wirtschaftlicher Ebene unvermeidlich sei, plädierte aber für eine konstruktive Form des Wettbewerbs, die nicht zu Zerwürfnissen, sondern zu gegenseitiger Entwicklung führe. Er warnte vor der unrealistischen Erwartung, China als Systemrivalen zu behandeln und gleichzeitig auf anderen Gebieten zu kooperieren, und bezeichnete dies als Wunschdenken.

Der Botschafter hob auch hervor, wie sich die Hindernisse in den europäisch-chinesischen Beziehungen in den französisch-chinesischen Beziehungen widerspiegeln. Trotz der Orientierung Frankreichs an der Außenpolitik der Europäischen Union lobte er aber das Streben des französischen Präsidenten Macron nach einer außenpolitischen Strategie, die sich durch Unabhängigkeit und Autonomie auszeichne und von der strikten Einhaltung des dreigliedrigen Ansatzes der EU abweiche. Er begrüßte Macrons Betonung der Partnerschaft zwischen China und Frankreich und die hohe Wertschätzung der Zusammenarbeit mit China.

Die Beziehungen zwischen China und der EU sowie zwischen China und Frankreich seien zwar Hindernissen und Störungen ausgesetzt, böten aber auch Chancen inmitten der Herausforderungen.

In diesem Jahr wird der 60. Jahrestag der diplomatischen Beziehungen zwischen China und Frankreich gefeiert, der mit dem Jahr der Kultur und des Tourismus zwischen den beiden Ländern zusammenfällt. Lu Shaye betonte das Potenzial eines umfassenden bilateralen Austauschs und der Zusammenarbeit, um die Entwicklung freundschaftlicher und kooperativer Beziehungen voranzutreiben.

Anlässlich des 60. Jahrestages der Aufnahme diplomatischer Beziehungen haben beide Seiten verschiedene Gedenkveranstaltungen organisiert, die die positive Entwicklung der chinesisch-französischen Beziehungen in den letzten sechs Jahrzehnten unterstreichen. Staatspräsident Xi Jinping hatte betont, dass die einzigartige historische Verbindung zwischen China und Frankreich einen „chinesisch-französischen Geist“ hervorgebracht habe, der von Unabhängigkeit, gegenseitigem Verständnis, Weitsicht und gegenseitigem Nutzen geprägt sei.

Mit Blick auf die aktuellen globalen Konflikte wies Lu Shaye darauf hin, dass die im „chinesisch-französischen Geist“ verkörperten Prinzipien auch auf die Beziehungen Chinas zu anderen westlichen Ländern anwendbar seien und im Einklang mit den grundlegenden Normen der internationalen Beziehungen stünden. Im Zentrum dieser Normen stehe das Prinzip der Gleichheit, das für die Förderung regulärer, freundschaftlicher und kooperativer Beziehungen zwischen Nationen ungeachtet ihrer Größe unerlässlich sei.

Darüber hinaus betonte Botschafter Lu die Bedeutung einer unabhängigen und eigenständigen Außenpolitik für westliche Länder wie Frankreich. Er hob das langjährige Engagement Chinas für eine solche Politik hervor und verwies auf die positiven Auswirkungen auf Frieden, Stabilität und Entwicklung in der Welt.

Mit Blick auf die Errungenschaften der letzten 60 Jahre in den chinesisch-französischen Beziehungen zeigte sich Lu Shaye zuversichtlich, dass unter der strategischen Führung der beiden Staatsoberhäupter die verschiedenen Sektoren in beiden Ländern ihre Anstrengungen bündeln könnten, um die Beziehungen auf eine neue Ebene zu heben.

Gleichzeitig betonte er die wichtige Rolle der chinesischen Diaspora bei der Förderung der Beziehungen zwischen China und Europa sowie zwischen China und Frankreich. Er wies darauf hin, dass die chinesische Diaspora über die ganze Welt verstreut sei und als wichtiges Bindeglied zwischen China und anderen Nationen diene, um freundschaftliche und kooperative Beziehungen zu pflegen.

Er sagte: „Übersee-Chinesen, die überall auf der Welt leben, tragen durch ihren Fleiß und ihren Erfolg sowohl zur Entwicklung ihres Heimatlandes als auch ihrer Gastländer bei.“

Er fügte hinzu: „Ich hoffe, dass die im Ausland lebenden Chinesen ihre Rolle bei der Förderung des freundschaftlichen Austauschs zwischen ihrem Heimatland und den Ländern, in denen sie leben, weiter ausbauen können, indem sie ihre beruflichen Erfolge nutzen, um die bilateralen Beziehungen zu stärken.“

(Quelle: Oushinet, Asia Financial, China.Org)