Das ist das faszinierende Schicksal der belgisch-französischen Alexandra David-Néel. Die ehemalige Sängerin, Schriftstellerin und Orientalistin entdeckte 1924 das Innere der Verbotenen Stadt von Lhasa! Gleichzeitig jährt sich ihr Todestag zum hundertsten Mal!

Lhasa, die Hauptstadt Tibets, liegt wie eine weiße Festung an den Hängen des Himalaya, 4.200 Meter über dem Meeresspiegel! Wer ist diese Frau, die im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts eine solche Reise unternahm?

Alexandra David wurde 1868 in Saint-Mandé geboren. Ihre Erziehung, die sie in einer katholischen Schule beginnt und in einer protestantischen Institution abschließt, verleiht ihr eine gewisse Offenheit für religiöse Fragen. Seit ihrer Jugend wollte sie an etwas Göttliches glauben, aber weder die Bibel noch die Thora oder der Koran stellten sie ganz zufrieden.

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Nach einer ersten Karriere als Opernsängerin heiratet Alexandra David in Tunis den Ingenieur Philippe Néel. Doch das bürgerliche Leben langweilt die 36-Jährige. Sie verschlingt Bücher über den Fernen Osten und den Buddhismus. Die asiatische Kultur fasziniert ihn seit seinen Reisen nach Tonkin. Im Jahr 1911 willigt Philippe ein, dass seine Frau allein zu einer langen Entdeckungsreise von Indien nach China aufbricht!

Ein 50-jähriger „tibetischer Bettler“.

In den Klöstern von Sikkim lernte sie die buddhistische Philosophie kennen. Nach einem fast zweijährigen Rückzug in eine Höhle mit einem Eremiten fasste Alexandra den Plan, nach Tibet zu gehen. Der Zugang zu diesem Land ist sehr schwierig, aber dank der Freundschaft des Prinzen von Sikkim kann Alexandra eine erste Reise ins tibetische Hochland unternehmen.

Die majestätischen Berge verzaubern sie, und die Entdeckerin träumt nur von der verbotenen Stadt Lhasa, der spirituellen Hauptstadt des Buddhismus.

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Zurück in Sikkim wird Alexandra von den Engländern vertrieben. Sieben Jahre später kehrt sie als tibetische Bettlerin verkleidet und in Begleitung ihres „Sohnes“ nach Tibet zurück. Auch das ist eine merkwürdige Geschichte. Ein Junge, Yongden, ist ein Lama, den sie in Sikkim trifft und als das Kind betrachtet, das sie nie hatte. Und sie adoptierte ihn!

1924 steht Alexandra David-Néel am Fuße des Potala. Sie ist 55 Jahre alt, ihr Gesicht ist rußverschmiert, sie trägt einen Pelzmantel wie eine bescheidene Tibeterin. Sie darf sich dort nicht aufhalten, aber sie schert sich auch nicht um die Vorschriften der englischen Kolonialherren. Doch der Eintritt in die verbotene Stadt Lhasa ist für Alexandra ein Schock. Denn die Entdeckerin hatte eine Tempelstadt erwartet. Stattdessen ist es eine Handelsstadt. Trotz der Enttäuschung bleibt sie zwei Monate, bevor sie über Sikkim in den Himalaya hinabsteigt.

Alexandra David-Néel stellt sich den englischen Behörden. Sie will wegen illegaler Einreise nach Lhasa verhaftet werden. Doch sie wird einfach ein zweites Mal abgeschoben.

Als sie nach vierzehnjähriger Wanderschaft nach Frankreich zurückkehrte, veröffentlichte sie „Voyage d’une Parisienne à Lhasa“ (Reise einer Pariserin nach Lhasa), deren Erfolg ihr den Eintritt in das Pantheon der großen westlichen Entdecker einbrachte.